Hip Hop und Comics – was sollen diese beiden Themen gemeinsam haben? So einiges und mit Hip Hop Family Tree werden die Zweifler eines Besseren belehrt. Dementsprechend groß ist die Schnittmenge zwischen Hip-Hop-Heads und Comic-Connaisseuren: Ohne Dr. Doom hätte es keinen MF Doom, ohne die X-Men keine Jean Grae gegeben, ganz zu schweigen von der unendlichen Liste Comic-inspirierter Bilder, Textzeilen, Videos und Covers diverser Hip-Hop-Künstler. Da verwundert es eigentlich, dass niemand früher drauf gekommen ist, die Anfänge der Hip-Hop-Kultur in Comicform darzustellen. Den mutigen Schritt, die komplexe Materie in gezeichnete Bilder zu verpacken, unternimmt Ed Piskor mit Hip Hop Family Tree – Die frühen Jahre des Hip Hop (1975 – 1981), auf Deutsch erschienen im Berliner Metrolit Verlag.
Die Gestaltung
Schon die Aufmachung des Comics ist der Hammer. Der Softcover-Einband wirkt sehr hochwertig, auch die Titelillustration der deutschen Ausgabe – nach Kritik des Autors an der ersten Fassung nochmals überarbeitet – macht bis ins Detail einen hervorragenden Eindruck (siehe beispielsweise das Taki183-Tag am Basketballkorb). Wen Comics so wie mich durch die Kindheit begleitet haben, der fühlt sich sofort wie zu Hause. Neben der eigentlichen Story findet man am Ende des Heftes noch Bonusmaterial in Form von Pin-Ups und einer kurzen Zusammenfassung der Hip-Hop-Comic-Connection. Bereits nach dem ersten Durchblättern steht fest: Dieses Werk wird man so schnell nicht wieder hergeben.
Das Fazit
Hip Hop Family Tree ist weder leichte Kost für Zwischendurch noch trockenes Geschichtsbuch, sondern ein anspruchsvolles und höchst unterhaltsames Lesevergnügen, für das man sich unbedingt die nötige Zeit nehmen sollte. Einmal angefangen, wird man dieses geniale Werk nicht mehr aus der Hand legen. Ich wollte gegen ein Uhr nachts mal kurz reinschmökern und PENG – war es vier Uhr morgens. In punkto Aufmerksamkeit verlangt einem das Comic einiges ab: Sehr viele Namen prasseln auf einen ein und sorgen dafür, dass man auch mal ein paar Seiten zurückblättern muss, um sicherzustellen, dass man die Zusammenhänge erkennt (was in meinem Fall eventuell auch an der fortgeschrittenen Uhrzeit lag). Immer wieder habe ich mir überlegt, wie es wohl wäre, wenn das Comic als Zeichentrickfilm im Stile von Klassikern wie Fritz The Cat seinen Weg auf die Leinwand finden würde. Da alles darauf hindeutet, dass Hip Hop Family Tree fortgesetzt wird (die englischsprachige zweite Ausgabe kann man bereits vorbestellen), könnte daraus ja vielleicht eines Tages etwas werden. Bis dahin sollte man seine Hausaufgaben machen und den ersten Teil dieses Comics nicht nur lesen, sondern studieren. Jeder, der sich auch nur ansatzweise für die Hip-Hop-Kultur und ihren Ursprung interessiert, braucht Hip Hop Family Tree in seinem Leben.
Hip Hop Family Tree – Die frühen Jahre des Hip Hop von Ed Piskor ist im Metrolit Verlag erschienen und kostet 22,99 €. Bestellen kann man das Comic im Buchhandel oder direkt beim Verlag. Mehr Infos findet man auch auf boingboing.net, wo die Comicstrips des Autors ursprünglich veröffentlicht wurden.